Der "Sandmann" kommt nach Mügeln ...

So titelten einige Zeitschriften und auch die lokale Presse, als im März 1995 ein recht eigenwillig anzuschauender (Trieb-) Wagen nach Mügeln überführt wurde.

Dieses Fahrzeug war eine erste Studie des ehemaligen Reichsbahn-Ausbesserungswerkes Wittenberge, das zu diesem Zeitpunkt im DBAG-Geschäftsbereich Werke als Regionalbereich Wittenberge firmierte. Es sollte demonstriert werden, wie der Nahverkehr auf den zahlreichen ostdeutschen Schmalspurbahnen rationalisiert und kostengünstiger gestaltet werden könnte.

Für diese Designstudie wurde ein ausgemusterter Wagen der Inselbahn Wangerooge verwendet, das recht nostalgische Aussehen entstand angeblich auf Wunsch der Harzer Schmalspurbahnen (HSB), die an der Beschaffung von Triebwagen zu diesem Zeitpunkt das stärkste Interesse hatten. Das 1:1-Modell wurde allerdings in 750 mm Spurweite ausgeführt, da man sich mit den sächsischen Schmalspurbahnen einen größeren Abnehmerkreis erhoffte.

Am 20. März 1995 trifft der Wagen im Übergabezug aus Riesa in Oschatz ein.

Am 22. März erfolgt die Überführung des Fahrzeugs nach Mügeln, Zuglok ist die 99 1561-2,
hier aufgenommen wenige Meter vor dem Haltepunkt Altoschatz-Rosenthal.

Während der Präsentation des Fahrzeugs am 24. März 1995 in Mügeln werden weitere Details vorgestellt, die in einem so genannten Lastenheft für dieses Fahrzeug verankert sind. Nachfolgend ein paar Angaben:

Spurweite: wahlweise 750, 900 oder 1000 Millimeter
Wagenkastenlänge: ca. 13,0 Meter
Höchstgeschwindigkeit: 40 - 50 km/h
Motorleistung: 250 kW (340 PS)
Radsatzfahrmasse: maximal 8 Tonnen
Sitzplatzzahl: 40 - 50 (komplett Nichtraucher)

Zur Veranschaulichung verschiedener Ausstattungsvarianten wurden im Innenraum auf einer Seite kunstlederüberzogene Sitzbänke und auf der anderen Seite Einzelsitze mit vandalismus-resistentem Stoffbezug eingebaut.

Das Baumuster war völlig ohne Antriebs und Steuerungsausrüstung ausgestattet. Man rechnet mit einem ersten betriebsbereiten Prototyp für Dezember 1995. Zu diesem Prototyp in 750 mm Spurweite kam es jedoch auf Grund des fehlenden Interesses aus Sachsen nicht.
Erfahrungen aus diesem Baumuster flossen in geringem Maße in den 1996 für die HSB gebauten VT 187 015. Später nachgelieferte Triebwagen entstanden allerdings im ehemaligen Reichsbahn-Ausbesserungswerk Halberstadt, der heutigen VIS GmbH Halberstadt. Für die sächsischen Schmalspurbahnen wurden bisher keine Neubau-Triebwagen beschafft.

Nach einigen Monaten Abstellzeit in Mügeln und Wittenberge wurde der Wagen in Wittenberge zerlegt, die beiden Drehgestelle fanden bei der IG Preßnitztalbahn unter den neu aufgebauten Wagen 970-751 und 970-559 Verwendung.