(SWB). Ganz einfach war es nicht mehr, die Vorgänge rund um die DöllnitzbahngeselIschaft (DBG ) zu
bewerten. Nach Auffassung von Gerhard J. Curth, Vorsitzender Geschäftsführer der Deutschen Regionaleisenbahn
(DRE) GmbH ist jetzt Klarheit geschaffen.
SWB: Herr Curth, Sie sind also nach wie vor Geschäftsführer der Döllnitzbahn oder doch nicht?
G.J. Curth: Mit der Ablehnung des Insolvenzantrages,
den Herr Pfeilsticker für die DBG beim Amtsgericht Leipzig gestellt hat, die damit begründet
wurde, dass er nicht Geschäftsführer ist, ist die Sachlage klar. Natürlich steht Herrn Pfeilsticker der
Beschwerdeweg offen.
Der Mehrheitseigner der DBG, der Zweckverband Döllnitzbahn (ZVDB)
wählte am 26. April Herrn Pfeilsticker zum Geschäftsführer...
Die DRE, die 25,1% an der DBG hält, konnte keine fachliche Eignung dieses Kandidaten erkennen und
lehnte ihn daher ab. Aufgrund der Sperrminorität der DRE war damit Herr Pfeilsticker nicht
Geschäftsführer.
Gerade diese Sperrminorität wird vom Zweckverband Döllnitzbahn aber angezweifelt...
In dieser Hinsicht
dürfte sie der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig eines Besseren belehren. Die Sperrminorität ist
in einem Protokoll, das im Zusammenhang mit der 1996 erfolgten Übertragung von 74,9% der DBG-Anteile an
den ZVDB entstand, enthalten. Die DRE hat jetzt dem Zweckverband diese Anteile gekündigt, weil er
sie sich unserer Auffassung nach erschlichen und sich nicht an die damaligen
Anteilsverkaufsbedingungen (Sperrminorität bei existenziellen Beschlüssen sowie bei der Bestellung
und Abberufung der Geschäftsleitung gehalten hat.
Wie ist nun die Lage der Döllnitzbahn. Ist die Gesellschaft zahlungsfähig oder nicht?
Sie ist noch zahlungsfähig. Alles, was zur Insolvenz führen könnte, wurde von Herrn Pfeilsticker herbeigeführt. Wenn es uns nicht gelingt, diese Entwicklungen
umzukehren, wird er sich dafür zivil- und strafrechtlich verantworten müssen.
Also kommen sie auch
ohne den Zuschuss vom Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) um die Runden?
Es ist schon
seltsam, dass einen Tag nach der vorgeblichen Bestellung von Herrn Pfeilsticker alle Geldhähne
zugedreht wurden. Aus meiner Sicht ist das ein lange vorbereiteter Coup. Aber zu Ihrer Frage. Ich
sehe das so, dass der ZVNL nun mit seinen Handlungen wieder auf die Basis der gültigen Verträge
zurückkehren sollte.
Der Zweckverband hat von der DBG, also speziell Ihnen, ein neues
Betriebskonzept gefordert, in dem dargelegt wird, wie Sie deutlich mehr Fahrgäste befördern...
Dazu hatten wir heute (Di/das Interview wurde am Dienstagvormittag geführt) Termin. Das Konzept wird
fristgerecht heute Mittag in Leipzig vorgelegt und geht von 300 Fahrgästen am Tag aus. Ab morgen (1. Juni) erledigen wir allerdings nur die Bestellung des Landratsamtes bezüglich des
Schülerverkehrs. Das sehe ich allerdings nur als ein Zwischenstadium, bis unser Konzept gebilligt
worden ist und der ZVNL wieder bei uns bestellt.
Wie geht es mit den Dampfzugfahrten des Fördervereins "Wilder Robert" weiter?
Diese Fahrten werden, wie gehabt an jedem letzten Sonntag im Monat durchgeführt. Auch die touristischen Angebote der Döllnitzbahn an
den Wochenenden bleiben bestehen.
Der Wilde Robert soll zur Landesgartenschau eine wichtige Rolle spielen.
Dazu ist noch einiges zu bauen...
Die Sanierung der Stützmauer und der Brücken haben wir für die Sommerpause vorgesehen. Am 3./4. Juni erwarten wir einen
Gerichtsgutachter vor Ort, der mit seinen
Aussagen Klarheit bringen soll, inwieweit die Flussmeisterei den jetzigen Zustand der Stützmauer
schuldhaft verursacht hat.
Was ist, wenn Sie vom Gericht keine "Aufbauhilfe" bekommen?
Wir sind finanziell auf den schlimmstmöglichen Fall, also 50% der Gesamtkosten tragen zu müssen,
vorbereitet.
Sie vermuten hinter der Einstellung der Zahlungen durch den Zweckverband und die Wahl
Herrn Pfeilstickers zum Geschäftsführer eine lang eingefädelte Intrige. Welchen Sinn könnte das
haben?
Es gibt seit längerer Zeit ein Spannungsfeld zwischen Herrn Glowienka vom Zweckverband
Nahverkehrsraum Leipzig und mir. Er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass für ihn eine
"Bimmelbahn" keinerlei Priorität hat. In einem persönlichen Gespräch hat er mir einmal
gesagt, er sähe seine Aufgabe darin, ausreichend viele Zugleistungen für den Leipziger
Citytunnel einzuplanen. Er ist wohl eher der Geldbeschaffer für den Citytunnel. Da die im Zweckverband
Döllnitzbahn tätigen Kommunen versucht haben, ihr Vorkaufsrecht für
die Bahntrassengrundstücke geltend zu machen und auch Herr Pfeilsticket auf diesem Kurs lag, sah
man wohl in der Insolvenz der DBG die Chance, die DRE als
Anteilseigner loszuwerden. Allerdings funktioniert das nicht. Gleisland und Gleisanlagen aus der
Gesellschaft herauszulösen, wenn man für diese
Insolvenz anmeldet. lm Gegenteil, die Verringerung der Konkursmasse wäre strafbar. Mit einer Auflösung
der Gesellschaft und einem neuen Betreiber hätte man sich der Kreditkosten entledigen können.
Aber dazu gab es keine Notwendigkeit, die DBG war bis zu den Eingriffen von Herrn Pfeilsticker in die
Geschäftsführung durchaus in der Lage, ihre Verpflichtungen für die 680 000 Euro Kredit bei den
Banken zu bedienen. Ich will hier den ZVDB nicht verdammen. Ohne die Partner dort hätten wir die Zeit,
als noch kein Nahverkehr bei der Döllnitzbahn bestellt war, nur schwer überstanden. Aber seit es in
Oschatz einen neuen OBM gibt, ist alles anders. Dr. Förster war ein Motor für die Döllnitzbahn und
deren Privatisierung; sein Nachfolger sieht nur die Belange der Landesgartenschau.
Im Zusammenhang mit
dem Betriebskonzept sprechen Sie von 300 statt bisher 150 Fahrgästen pro Tag. Wo
kommt dieser Zuwachs
her?
Das ist ein Durchschnittswert. Wir haben eine zunehmende Resonanz auf unsere touristischen
Angebote an den Wochenenden. Da kommen durchaus 1000 und mehr Fahrgäste pro Tag zusammen. Im übrigen
hat die DBG im Jahresabschluss 2004 schwarze Zahlen geschrieben.
Gespräch: Axel Kaminski