Region Oschatz. Die Döllnitzbahn wird mit Torschluss der Landesgartenschau (Lago) aufs finanzielle Abstellgleis gerollt. Diesen Beschluss hat der Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) am Montagabend einstimmig gefasst. Die Zukunft des Schülerverkehrs ist noch offen.
Für Andreas Glowienka ist der Fall klar. Aus Sicht des ZVNL-Geschäftsführers reichen die Fahrgastzahlen der Döllnitzbahn bei weitem nicht aus, um auf der Strecke Oschatz-Mügeln Personennahverkehr anbieten zu können. Statt einer Mindestzahl von 500 Fahrgästen am Tag seien zuletzt nur knapp 200 gezählt worden. Im Mai hat der ZVNL deshalb seine Zahlungen an die Döllnitzbahngesellschaft eingestellt. Seitdem fährt die Schmalspurbahn nur noch auf Sparflamme.
Mit den so eingesparten Steuergeldern will der ZVNL den Bahnbetrieb zur Landesgartenschau 2006 in Oschatz absichern. Auf Nachfrage der
OAZ sagte Glowienka gestern, dass dafür rund 700.000 Euro vorgesehen seien. Mit dieser Summe soll der Streckenabschnitt zwischen Hauptbahnhof und Lago-Gelände in Schuss gebracht und der Dampfbetrieb während der Gartenschau abgesichert werden. Danach soll der Geldhahn zugedreht werden, beschloss der ZVNL am Montagabend einstimmig.
"Der Zweckverband schafft die Voraussetzungen, dass die Strecke zur Gartenschau intakt ist. Möglicherweise hat die Bahn danach eine Zukunft im touristischen Bereich, wenn sie richtig vermarktet wird", kommentierte Landrat Robert Schöpp, der gleichzeitig ZVNL-Vorsitzender ist, diesen Beschluss. Laut Gotthard Deuse, ZVNL-Verbandsrat und Vorsitzender des Zweckverbandes Döllnitzbahn, können die Instandhaltungsarbeiten problemlos bis zur Lago abgeschlossen werden.
Bei den Döllnitzbahnern sorgt der ZVNL-Beschluss für Empörung. "Ich bin von Schöpp und Deuse enttäuscht. Die hätten dagegen stimmen müssen, dass die Döllnitzbahn im nächsten Jahr stirbt", sagt Gerhard Curth, Geschäftsführer der Döllnitzbahngesellschaft. Nach seinen Angaben hat die Gesellschaft derzeit zehn Beschäftigte, inklusive zwei Lehrlinge.
Derzeit werden auf der Strecke zwischen Oschatz und Mügeln noch Schüler befördert. Dafür bekommt die Döllnitzbahn Geld vom Freistaat und vom Kreis Torgau-Oschatz. Das Landratsamt überweist für jeden Schüler 45,50 Euro im Monat (für zehn Monate im Jahr). "Wenn die Döllnitzbahn Mitglied im Mitteldeutschen Verkehrsverbund bleibt, weiter fährt und Schüler mitfahren, werden wir dafür auch künftig bezahlen", sagt Kreisverkehrsdezernent Sigmar Steinacker. Für Döllnitzbahngeschäftsführer Curth ist das kein
Trost: "Ich habe kaum Hoffnung, dass der Schülerverkehr Bestand haben wird."
STANDPUNKT
Auf der Kippe
Von FRANK HÖRÜGEL
Eine gefährliche Beule an der Döllnitzmauer in Oschatz brachte die
Sperrung des Gleisabschnitts zwischen Haupt- und Südbahnhof und damit den Stein ins Rollen. Seit
dem November des Vorjahres geht es mit der Schmalspurbahn bergab. Der öffentlich ausgetragene
Streit um die Geschäftsführung beschleunigte die Abfahrt. Jetzt ist die Talstation in Sicht.
Nach der Landesgartenschau ist der tägliche Personennahverkehr für die Döllnitzbahn
gestorben - und auch der Schülerverkehr steht auf der Kippe. Für gegenseitige
Schuldzuweisungen der politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen an dieser Misere ist es zu
spät. Jetzt muss gerettet werden, was noch zu retten ist. Die Döllnitzbahn muss nach der
Landesgartenschau so oft wie möglich bei Sonderfahrten als touristisches Zugpferd von Oschatz nach
Mügeln und weiter nach Kemmlitz oder Glossen dampfen. Nur wenn das klappt, lassen sich die
laufenden Investitionen in das Streckennetz der Schmalspurbahn rechtfertigen.