Da geisterte im Oktober eine Meldung von
einer Bahnhofsweihe in ThaIheim-Kreischa durch die Lokalpresse. Sowohl Anwohner
als auch Eisenbahnfreunde wurden regelrecht aufgeschreckt, wie denn der am
Streckenkilometer 4,3 der Döllnitzbahn GmbH gelegene, bisher völlig
unscheinbare Haltepunkt zu solch einer Aufwertung komme.
Natürlich war diesen Bürgern nicht entgangen, dass die Firma Pape Bau Union Riesa,
ein übrigens im Gleisbau erfahrener Baubetrieb, zu Gange war, um auf östlicher
Stationsseite eine Weiche und damit verbunden ein 70 Meter langes Abzweiggleis
zu errichten. Ziel dieser Einrichtung, so war durch den Geschäftsführer der Döllnitzbahn
Gerhard J. Curth zu erfahren, sei ein künftiger Fahrplan im
Stundentakt, wozu hier, in ThaIheim-Kreischa, eine Zugkreuzstelle nötig sei.
Die Döllnitzbahn GmbH beruft sich bei ihrer Bahnhofseinstufung auf die
Betriebsvorschriften der DR bzw. DB AG, wonach ein Bahnhof eine Bahnanlage
mit mindestens einer Weiche ist, auf der Züge beginnen, enden, sich überholen
oder mit Gleiswechsel wenden können. Somit ist also der Begriff durchaus
rechtens. Die Erneuerung steht dem bisherigen Haltepunkt durchaus gut, lediglich
eine Wartehalle fehlt noch und die gehört zu einem Bahnhof wahrlich dazu. Doch
blicken wir zurück, denn zu einem Bahnhof gehört auch seine Geschichte.
Die zwischen den beiden Gemeinden Saalhausen und Kreischa in direkter
Nachbarschaft des Döllnitzbaches angelegte Bahnstation wurde am 7. Januar 1885
eröffnet. Girlanden- und fahnengeschmückt nahmen die Anwohner den Eröffnungszug
auf ihrer als Kreischa-Saalhausen benannten Station in Empfang. Im
Personenverkehr war Kreischa-SaaIhausen eine Haltestelle und im Güterbetrieb
eine so genannte Ladestelle. Auf einer Länge von 170 Metern bestand sie aus
einem Bahnsteig und einem Ladegleis nebst Seitenrampe und
Schutzgleiseinrichtungen (Prellbock), die durch vier verschließbare Weichen mit
Kugelstellgewichten verbunden waren. AIs gewisses Kleinod wurde die am
westlichen Bahnsteigsanfang errichtete Wartehalle gewertet.
Sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr hatte Kreischa-Saalhausen (ab 1936
als ThaIheim bei Oschatz benannt) nur geringe Bedeutung. Wohl hielten alle
Reisezüge (1938=16/1956=18),doch nur wenige Bürger nutzten die Bahn. Es waren
in der Mehrzahl Schüler und Schichtarbeiter für Riesaer Betriebe. Die
Fahrkarten mussten am oder im Zug gelöst werden. In den 20er Jahren übte der
SaaIhausener Gasthof unter Oscar Schobers Regie eine gewisse Sogwirkung auf die
Eisenbahn aus, weil Sonn- und Feiertags Ausflügler und Vereine hier einkehrten
und bei den Sängerfesten von Oschatz aus dazu sogar Sonderzüge verkehrten.
Im Güterverkehr wurden landwirtschaftliche Produkte, voran Kartoffeln,
Zuckerrüben und Getreide verladen. Außerhalb der Herbstsaison wirkte das
Ladegleis verwaist und wurde oft als Abstellanlage offener Güterwagen genutzt.
Thalheim war auch zeitweise Agenturstelle. Ein der Eisenbahn verpflichteter
Bahnagent hatte bei bestimmten Zügen zur Stelle zu sein, um bahnamtliche Post,
Frachtbriefe und andere Erledigungen in Empfang zu nehmen. Reisenden gegenüber
war, er auch Aufsichts- und Auskunftsperson.
1970 (inoffiziell jedoch eher) wurde die Ladestelle aufgelassen und am 28.
September 1975 hielt zum letzten Mal ein Reisezug. ThaIheim hatte als eigene
Station aufgehört zu existieren. Bei den zwischen 1980 und 1983 erfolgten
Oberbauerneuerungen wurden die einstigen Gütergleiseinrichtungen entfernt und
der nördlich des Gleises gelegene bereits tote Bahnsteig zunichte gemacht.
Erst im August 1995 bekam die einstige Station, nun als ThaIheim-Kreischa
benannt und unter nicht bundeseigener Verwaltung als Döllnitzbahn GmbH wieder
Bedeutung. Grund war die Einführung des Schülerverkehrs. Ab 18. September
2000, nach 25 Jahren öffentlicher Verkehrsruhe, wurde schließlich die
allgemeine Personenbeförderung mit werktäglich 16 haltenden Zügen
aufgenommen. Zu den direkten Veränderungen gehörte die Einrichtung eines neuen
Bahnsteiges, der entgegen früherer Zeit auf Kreischaer Seite erfolgte, und auch
eine Beleuchtung musste installiert werden.
Während der Schülerverkehr inzwischen gut funktioniert, halten die öffentlichen
Planzüge größtenteils umsonst, um Reisende aufzunehmen oder abzusetzen.
Bleibt zu hoffen, dass der Stundenplan im Jahr 2002 Wirklichkeit wird, denn
sonst wären wohl eine Unmenge Bahnhofskosten ebenso wie die 102 neuen Schwellen
umsonst in den Sand gesetzt.