LANDKREIS. Die Döllnitzbahn, das Überbleibsel des einst
größten Schmalspurbahnnetzes Europas, ist ein historisches Kleinod. Durch das Engagement ihrer
Mitarbeiter und der Mitglieder des Fördervereins " Wilder Robert" blieb der Oschatzer
Region ein Touristen-Magnet erhalten.
Doch die liebenswerte Bahn mit der für Sachsen typischen Spurweite
von 750 mm hat auch einen verkehrstechnischen und somit wirtschaftlichen Aspekt. Sie kostet Geld.
Über das haben sich die beiden Gesellschafter, der Zweckverband Döllnitzbahn (74,9 Prozent) und
die Deutsche Regionaleisenbahn (25,1 Prozent), heillos zerstritten. 150 Fahrgäste pro Tag, das ist
die Meinurig von Geldgeber Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig, reichen hinten und vorne nicht aus.
In dieser Stelle kommen Personalien ins Spiel.
"Auf einer Krisensitzung am 26.April stand auch der Tagesordnungspunkt Rücktritt der
Geschäftsführung", informiert Verbandschef Gotthard Deuse (56), der als
Bürgermeister von Mügeln durchaus ein Interesse am Erhalt des Zugverkehrs hat. "Mir lag zu
diesem Zeitpunkt ein Schreiben von Geschäftsführer Curth vor", schiebt der FDP-Mann nach,
"das unter der Überschrift Amtsniederlegung stand."
In der Folge beriefen die Vertreter des Zweckverbandes den Oschatzer Rechtsanwalt Albert Pfeilsticker (52),
der aus dem schwäbischen Allgäu stammt und im Kreistag der CDU-Fraktion vorsteht, zum neuen
Geschäftsführer der GmbH. Gegen den erbitterten Widerstand des kleineren Partners
Regionaleisenbahn. Dessen Chef heißt Gerhard J. Curth.
Der 57-jährige Bayer beruft sich auf ein Protokoll vom 3. Juni 1996, in dem den Regionalbahnern
eine Sperrminorität zugestanden wird. Das heißt: Der Zweckverband mit den Mitgliedern Landkreis,
Oschatz, Mügeln, Naundorf und Sornzig-Ablaß könnte sie in wichtigen Fragen nicht überstimmen.
"Allerdings", kontert Deuse, "ist dies nie in den Gesellschaftsvertrag eingeflossen."
Pfeilsticker seinerseits verfügte als erste Amtshandlung die Einstellung des Zugbetriebes.
"Mit den dadurch eingesparten Mitteln vom Nahverkehrsraum können wir bis zum 31. März 2006
die Strecke sanieren und zur Landesgartenschau fahren", lautet seine Argumentation. Das
wiederum lässt Curth nicht gelten: "Diese Mittel dienen allein dem Verkehr und dürfen nicht in
die Infrastruktur fließen." Auf seine Aufforderung hin arbeiten die 12 Mitarbeiter und drei
Lehrlinge der Döllnitzbahn weiter. Wie ihre berufliche Zukunft aussieht und ob sie für den Mai
Geld bekommen, steht in den Sternen. "Versprechen kann ich gar nichts", sagt Albert
Pfeilsticker.
Mittlerweile haben sich die Fronten weiter verhärtet. Die Regionaleisenbahn hat drei Anwälte in
Stellung gebracht, am 31. Mai dreht der Nahverkehrsraum den Geldhahn zu, Pfeilsticker hat den
Insolvenzantrag gestellt und Deuse verhandelt mit verschiedenen Infrastrukturunternehmen, um Curths
Truppe loszuwerden.
Rainer Schlippe