Beitrag aus dem Sonntags-Wochen-Blatt Riesa-Oschatz vom 5. Juni 2005

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"Wir sind nicht insolvent!"

Curth sieht Döllnitzbahn als zahlungsfähig an und hat Betriebskonzept vorgelegt

(SWB). Ganz einfach war es nicht mehr, die Vorgänge rund um die DöllnitzbahngeselIschaft (DBG ) zu bewerten. Nach Auffassung von Gerhard J. Curth, Vorsitzender Geschäftsführer der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE) GmbH ist jetzt Klarheit geschaffen.

SWB: Herr Curth, Sie sind also nach wie vor Geschäftsführer der Döllnitzbahn oder doch nicht?
G.J. Curth: Mit der Ablehnung des Insolvenzantrages, den Herr Pfeilsticker für die DBG beim Amtsgericht Leipzig gestellt hat, die damit begründet wurde, dass er nicht Geschäftsführer ist, ist die Sachlage klar. Natürlich steht Herrn Pfeilsticker der Beschwerdeweg offen.
Der Mehrheitseigner der DBG, der Zweckverband Döllnitzbahn (ZVDB) wählte am 26. April Herrn Pfeilsticker zum Geschäftsführer...
Die DRE, die 25,1% an der DBG hält, konnte keine fachliche Eignung dieses Kandidaten erkennen und lehnte ihn daher ab. Aufgrund der Sperrminorität der DRE war damit Herr Pfeilsticker nicht Geschäftsführer.
Gerade diese Sperrminorität wird vom Zweckverband Döllnitzbahn aber angezweifelt...
In dieser Hinsicht dürfte sie der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig eines Besseren belehren. Die Sperrminorität ist in einem Protokoll, das im Zusammenhang mit der 1996 erfolgten Übertragung von 74,9% der DBG-Anteile an den ZVDB entstand, enthalten. Die DRE hat jetzt dem Zweckverband diese Anteile gekündigt, weil er sie sich unserer Auffassung nach erschlichen und sich nicht an die damaligen Anteilsverkaufsbedingungen (Sperrminorität bei existenziellen Beschlüssen sowie bei der Bestellung und Abberufung der Geschäftsleitung gehalten hat.
Wie ist nun die Lage der Döllnitzbahn. Ist die Gesellschaft zahlungsfähig oder nicht?
Sie ist noch zahlungsfähig. Alles, was zur Insolvenz führen könnte, wurde von Herrn Pfeilsticker herbeigeführt. Wenn es uns nicht gelingt, diese Entwicklungen umzukehren, wird er sich dafür zivil- und strafrechtlich verantworten müssen.
Also kommen sie auch ohne den Zuschuss vom Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) um die Runden?
Es ist schon seltsam, dass einen Tag nach der vorgeblichen Bestellung von Herrn Pfeilsticker alle Geldhähne zugedreht wurden. Aus meiner Sicht ist das ein lange vorbereiteter Coup. Aber zu Ihrer Frage. Ich sehe das so, dass der ZVNL nun mit seinen Handlungen wieder auf die Basis der gültigen Verträge zurückkehren sollte.
Der Zweckverband hat von der DBG, also speziell Ihnen, ein neues Betriebskonzept gefordert, in dem dargelegt wird, wie Sie deutlich mehr Fahrgäste befördern...
Dazu hatten wir heute (Di/das Interview wurde am Dienstagvormittag geführt) Termin. Das Konzept wird fristgerecht heute Mittag in Leipzig vorgelegt und geht von 300 Fahrgästen am Tag aus. Ab morgen (1. Juni) erledigen wir allerdings nur die Bestellung des Landratsamtes bezüglich des Schülerverkehrs. Das sehe ich allerdings nur als ein Zwischenstadium, bis unser Konzept gebilligt worden ist und der ZVNL wieder bei uns bestellt.
Wie geht es mit den Dampfzugfahrten des Fördervereins "Wilder Robert" weiter?
Diese Fahrten werden, wie gehabt an jedem letzten Sonntag im Monat durchgeführt. Auch die touristischen Angebote der Döllnitzbahn an den Wochenenden bleiben bestehen.
Der Wilde Robert soll zur Landesgartenschau eine wichtige Rolle spielen. Dazu ist noch einiges zu bauen...
Die Sanierung der Stützmauer und der Brücken haben wir für die Sommerpause vorgesehen. Am 3./4. Juni erwarten wir einen Gerichtsgutachter vor Ort, der mit seinen Aussagen Klarheit bringen soll, inwieweit die Flussmeisterei den jetzigen Zustand der Stützmauer schuldhaft verursacht hat.
Was ist, wenn Sie vom Gericht keine "Aufbauhilfe" bekommen?
Wir sind finanziell auf den schlimmstmöglichen Fall, also 50% der Gesamtkosten tragen zu müssen, vorbereitet.
Sie vermuten hinter der Einstellung der Zahlungen durch den Zweckverband und die Wahl Herrn Pfeilstickers zum Geschäftsführer eine lang eingefädelte Intrige. Welchen Sinn könnte das haben?
Es gibt seit längerer Zeit ein Spannungsfeld zwischen Herrn Glowienka vom Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig und mir. Er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass für ihn eine "Bimmelbahn" keinerlei Priorität hat. In einem persönlichen Gespräch hat er mir einmal gesagt, er sähe seine Aufgabe darin, ausreichend viele Zugleistungen für den Leipziger Citytunnel einzuplanen. Er ist wohl eher der Geldbeschaffer für den Citytunnel. Da die im Zweckverband Döllnitzbahn tätigen Kommunen versucht haben, ihr Vorkaufsrecht für die Bahntrassengrundstücke geltend zu machen und auch Herr Pfeilsticket auf diesem Kurs lag, sah man
wohl in der Insolvenz der DBG die Chance, die DRE als Anteilseigner loszuwerden. Allerdings funktioniert das nicht. Gleisland und Gleisanlagen aus der Gesellschaft herauszulösen, wenn man für diese Insolvenz anmeldet. lm Gegenteil, die Verringerung der Konkursmasse wäre strafbar. Mit einer Auflösung der Gesellschaft und einem neuen Betreiber hätte man sich der Kreditkosten entledigen können. Aber dazu gab es keine Notwendigkeit, die DBG war bis zu den Eingriffen von Herrn Pfeilsticker in die Geschäftsführung durchaus in der Lage, ihre Verpflichtungen für die 680 000 Euro Kredit bei den Banken zu bedienen. Ich will hier den ZVDB nicht verdammen. Ohne die Partner dort hätten wir die Zeit, als noch kein Nahverkehr bei der Döllnitzbahn bestellt war, nur schwer überstanden. Aber seit es in Oschatz einen neuen OBM gibt, ist alles anders. Dr. Förster war ein Motor für die Döllnitzbahn und deren Privatisierung; sein Nachfolger sieht nur die Belange der Landesgartenschau.
Im Zusammenhang mit dem Betriebskonzept sprechen Sie von 300 statt bisher 150 Fahrgästen pro Tag. Wo kommt dieser Zuwachs her?
Das ist ein Durchschnittswert. Wir haben eine zunehmende Resonanz auf unsere touristischen Angebote an den Wochenenden. Da kommen durchaus 1000 und mehr Fahrgäste pro Tag zusammen. Im übrigen hat die DBG im Jahresabschluss 2004 schwarze Zahlen geschrieben.

Gespräch: Axel Kaminski