Beitrag aus dem Sonntags-Wochen-Blatt Riesa-Oschatz vom 15. Mai 2005

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Wohin fährt die Döllnitzbahn?

Konsensfähiges Betriebskonzept erforderlich

Oschatz (SWB). Die Döllnitzbahn (DBG) GmbH hat seit Ende April einen neuen Geschäftsführer: den Oschatzer Rechtsanwalt Albert Pfeilsticker. Das SONNTAGSWOCHENBLATT sprach über die aktuelle Lage und die Zukunft der Schmalspurbahn mit ihm.
SWB: Herr Pfeilsticker, Rechtsanwalt als Geschäftsführer - das klingt nach Insolvenzverwalter...
A. Pfeilsticker: Das bin ich nicht. Aber es stimmt schon, noch vor einigen Jahren wäre eine solche Tätigkeit für einen Anwalt standesrechtlich nicht zugelassen gewesen. Mittlerweile gibt es Kollegen, die wesentlich größere Unternehmen leiten. Aber den Schritt, die Insolvenz anzumelden, konnte ich nicht vermeiden.
Sind Sie so sehr Bahnexperte, dass Sie schon nach wenigen Tagen feststellen konnten, dass es dazu keine Alternative gibt?
Mit dem öffentlichen Personennahverkehr und seiner Finanzierung kenne ich mich schon ein wenig aus. Aber es genügt eigentlich zu wissen, wann das Gesetz den Gang zum Insolvenzrichter vorschreibt. Da hat ein Geschäftsführer, wenn er sich nicht strafbar machen will, keinen Spielraum.
Und das ist bei der Döllnitzbahn GmbH der Fall?
So ist es. Der Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) hat der DBG die Zuschüsse gekündigt. Das sind rund 30 000 Euro pro Monat. Mit dem Erlös aus dem Bahnverkehr ist es nicht möglich, die Personalkosten zu decken und die Zinsen der Kredite zu bedienen, mit denen man in den vergangenen Jahren investiert hat. Die GmbH ist damit - früher oder später - zahlungsunfähig.
Die "bösen Buben" sitzen in Leipzig...?
Nein. Der Schritt des Zweckverbandes ist nachvollziehbar. Der ZVNL hat von der Döllnitzbahn GmbH ein Betriebskonzept verlangt, das darlegt, wie die Einnahmesituation verbessert und die Fahrgastzahl erhöht werden kann. Man kann nicht jährlich fast eine halbe Millionen Euro Steuergelder ausgeben, um 75 Schüler hin- und herzufahren und vieIIeicht noch eine Handvoll anderer Reisender. Noch dazu, wenn es eine andere Möglichkeit gibt, um von A nach B zu gelangen.
Also ist Ihr Vorgänger auf dem Geschäftsführerposten an der Misere schuld?
Ich würde es so ausdrücken: er hat den Anforderungen, die der Zuschussgeber gestellt hat, nicht in ausreichendem Maße Genüge getan. Das ist, wenn man auf anderer Leute Geld angewiesen ist, nicht gerade hilfreich.
Trotz fehlenden Geldes fährt die Bahn aber noch?
Ja, entgegen meiner Anweisung, Ich habe ja sogar Verständnis für das Engagement der Beschäftigten. Aber jeder Tag Betrieb erhöht die eingefahrenen Verluste.
Wird die Bahn wie geplant zur Landesgartenschau die Besucher vom "großen Bahnhof" in die Döllnitzaue bringen?
Das hängt davon ab, wie schnell es den Eignern gelingt, einen neuen Betreiber zu finden. Natürlich ist die LaGO die große Chance für die Bahn, so viele potenzielle Fahrgäste werden so schnell nicht wieder hierher kommen.
Der dann auch ein tragfähiges Betriebskonzept vorlegen muss...
Natürlich. Aus meiner Sicht ist mehr als ein Frühzug von Mügeln nach Oschatz und ein Nachmittagszug zurück nach der LaGO nicht machbar. Dann sind auch die rund 150 Fahrgäste unterwegs - bei wesentlich geringeren Kosten. An Feiertagen und den Wochenenden zwischen Ostern und Oktober könnte ein Dampfzugverkehr stattfinden. Mehr Nachfrage sehe ich einfach nicht. Zur LaGO jedoch ist ein dichter Fahrplan zwischen dem Bahnhof Oschatz und dem Gartenschaugelände geplant.
Das klingt nach ganz "schlanken" Strukturen, also einer Döllnitzbahn, die kaum wiederzuerkennen ist.
Es ist besser, wenn uns im kommenden Jahr ein Neuanfang gelingt - und sei es mit einem Zugpaar am Tag, als wenn hier gar nichts mehr passiert.
Gibt es schon konkrete Verhandlungen mit möglichen neuen Betreibern der Strecke?
Bisher noch nicht. Allerdings suchen wir jemanden, der Erfahrungen mit Schmalspurbahnen hat. Die Auswahl ist da gar nicht so riesig, aber das muss kein Nachteil sein.
Ehe ein Zug, egal mit welchem Logo dran, zur Landesgartenschau rollt, mussten noch ein paar Reparaturen erfolgen... 
Auch das ist eine Frage, die man erst beantworten kann, wenn man einen Betreiber gefunden hat. Und nur mit einem Konzept findet man jemanden, der sich an der Finanzierung der Reparatur von Stützmauer und Brücke beteiligt. Diese Arbeiten würden etwa drei Monate in Anspruch nehmen. Deshalb haben wir auf der Suche nach dem Betreiber nicht unendlich viel Zeit.
Wen meinen Sie, wenn Sie von "wir" sprechen?
Die Anliegerkommunen, die schon vor einiger Zeit die Flurstücke mit den Bahntrassen darauf erworben haben. Auch wenn wir jetzt die DBG beerdigen, haben wir natürlich ein Interesse am Erhalt der Bahnlinie.
An gleicher Stelle berichteten wir kürzlich über die Pläne, den Abschnitt nach Glossen wieder zu errichten Ist das nun Geschichte?
Ich denke, dass diese Pläne für die touristische Ausrichtung des Bahnverkehrs sinnvoll sind. Natürlich kann ich an dieser Stelle nur wieder auf den neuen Betreiber und den ZVNL verweisen.

Gespräch: Axel Kaminski.