Oschatz (SWB). In Oschatz fährt der "Wilde
Robert" derzeit nicht zwischen dem "großen" Bahnhof und dem Südbahnhof In der
Gemeinde Sornzig-Ablass setzt man dagegen verstärkt auf die kleine Bahn. Diese Vorhaben waren
Anlass des Gesprächs, das das SONNTAGSWOCHENBLATT mit Bürgermeister Volkmar Winkler führte.
SWB: Herr Winkler, die Kleinbahn fährt von Mügeln aus in Ihre
Gemeinde. Sie haben dazu noch ein paar Pläne in der Tasche.
Volkmar Winkler: Ja, wir wollen die alte Trasse zwischen Nebitzschen und Glossen wieder
herrichten und nutzen, Und wir wollen in Kemmlitz um den alten Tagebau "Frieden" ein
Naherholungsgebiet schaffen.
Die Leute fahren heute eigentlich mit dem Auto überall hin. Warum
setzen Sie auf die Kleinbahn?
Ich denke, eine Menge Kommunen würden dafür Geld ausgeben, wenn dort eine Schmalspurbahn
fahren würde, Wir haben eine, der allerdings ein richtiges Ziel fehlt. Im Harz setzt man sich in
die Bahn, um auf den Brocken zu kommen. Aber wohin fährt man hier? Der Schülerverkehr allein kann
nicht die Zweckbestimmung der Bahn sein. Historie im Alltag kann nicht mit schnellen Verbindungen
konkurrieren. Aber eine Menge Touristen könnten die Bahn nutzen, wenn an anderen Bahnhöfen
touristische Angebote zur Verfugung stünden.
Und diese werden nun durch die Gemeinde Sornzig-Ablass geschaffen?
Ich würde unsere Rolle da nicht überbewerten. Hier am Glossener Bahnhof beginnt die
Feldbahnstrecke in den Steinbruch. Ich gebe gern zu, dass ich sehr skeptisch war, als hier ein
Dresdner Verein auf der Matte stand und mir erzählte, was man mit der Bahn alles veranstalten will.
Die Fahrtage der Bahn und das internationale Feldbahntreffen sprechen eine deutliche Sprache. Aber
die Gäste müssen ja nicht mit dem Auto nach Glossen kommen. Warum sollen Sie nicht von Dresden
oder Leipzig aus mit der normalspurigen Bahn bis Oschatz reisen, dort auf die 750-mm-Strecke
umsteigen, um hier dieses Betriebsverkehrsmittel zu entdecken?
Wie weit ist das Projekt der Streckenverlängerung gediehen?
Wir haben über das Förderprogramm Leader plus einen Bewilligungsbescheid bekommen. Wir legen
dennoch nicht gleich los, weil die Gestaltung des Museumsbahnhofs Glossen aus einem anderen
Fördertopf finanziert werden soll, von wo es noch keinen Bescheid gibt. Wir würden beide
Leistungen aber gern gemeinsam ausschreiben, da in beiden Maßnahmen Gleisbau enthalten ist. Ich
denke, dass eine gemeinsame Ausschreibung zu Kosteneinsparungen führen kann.
Wird zwischen Nebitzschen und Glossen die alte Trasse genutzt?
Ja, so Leid mir das um die Bäume tut, die dort seit der Streckenstilllegung gewachsen sind. Aber
durch die Nutzung der alten Trasse müssen wir kein langwieriges Planfeststellungsverfahren in
Angriff nehmen und natürlich wird es Ersatzpflanzungen geben, die wir gezielt zur Verbesserung
unseres Ortsbildes nutzen werden.
In Kemmlitz hält die Bahn schon. Dort soll eine neue Attraktion
entstehen...
Man kann mit einem Tagebaurestloch alles Mögliche machen. In enger Abstimmung zwischen der
Kemmlitzer Kaolinwerke GmbH und der Kommune entsteht ein Badesee mit rund zwölf Hektar
Wasserfläche. Durch den Betrieb wurden schon etwa eine Millionen Kubikmeter Mineralgemisch zur
Sicherung der Böschung eingefahren. Für ein schlüssiges und genehmigungsfähiges Betriebskonzept
hätte es sicher billigere Lösungen gegeben. So erhält mittelfristig der Tourismus in Kemmlitz
eine Chance. Ich denke da auch an Camping, wovon sicher die Motorsportler profitieren werden.
Überhaupt wollen wir ja nicht Tourismus um des Tourismus willen, sondern als Chance zur Entwicklung
bestehender Angebote.
Im Oschatzer Stadtrat fordert man ein neues, schlüssiges
Betriebskonzept für die Döllnitzbahn. Sie setzen auf die Bahn. Haben Sie mehr Vertrauen?
Ich sehe, so wie die Oschatzer, die Kleinbahn in einer wichtigen Rolle für den Tourismus in der
Region, in Zusammenarbeit mit den vorhandenen Akteuren. Das kann sowohl bei der Bahn selbst als auch
aus den Vereinen heraus zu neuer Beschäftigung, und damit meine ich nicht nur das Ehrenamt, fuhren.
Für unsere Gemeinde wären zweifellos Synergien mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
erfreulich, aber sie sind nicht die Grundlage unserer Planung.
Die Anliegerkommunen haben ja die Gleistrassen erworben. Wie
gedenken Sie damit umzugehen?
Natürlich hätten die Kommunen gemeinsam die Chance, die Betriebsführung auf den ihnen gehörenden
Trassen auszuschreiben. Wir dürfen aber auch die Rolle des Landkreises im ÖPNV nicht übersehen.
Außerdem scheint es eine neue Entwicklung im Freistaat zu geben. Es sieht so aus, als würden sich
die Kleinbahnen abseits des Alltagsgeschäfts des Personennahverkehrs zu einem Verband
zusammenschließen, gemeinsame Wege suchen und dabei vom Freistaat unterstützt werden.
Zu den großen Vorhaben Badesee und Kleinbahnwiederanschluss von
Glossen sei noch die Frage nach dem "Wann" gestellt.
Die Erlebniswelt Bahn, also Vernetzung von Regelspur, Schmalspur und Feldbahn, ist ein Projekt im
Hinblick auf die Landesgartenschau 2006 in Oschatz. Dann muss diese Verbindung stehen. Da muss als
Eröffnungszug auch eine Dampflok vorgespannt sein, sonst stelle ich mich in Nebitzschen aufs Gleis.
Beim Badesee spielen noch ein paar Genehmigungsfragen hinein. Aber ich denke, dass sich in vier Jahren
die ersten Badegäste hier tummeln können.
Gespräch: Axel Kaminski.