Beitrag aus der Oschatzer Allgemeinen Zeitung vom 1. September 2005

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Für Oschatzer Bahnhofsgebäude Signale auf Rot

Eigentümer hat Insolvenz angemeldet

 Oschatz. Der Eigentümer des Empfangsgebäudes auf dem Bahnhof - die First Rail Property GmbH - ist pleite. Die Zukunft der Immobilie steht damit in den Sternen. Der vorläufige Insolvenzverwalter will das Gebäude vermarkten.

Das Bahnhofsgebäude in Oschatz ist eines von 1016 in Deutschland, das die First Rail Property GmbH innerhalb eines Kaufpaketes von der Deutschen Bahn in mehreren Tranchen erworben hat (die OAZ berichtete). Das Empfangsgebäude in Oschatz gehört First Rail seit 2002. Die Gesellschaft wollte die Bahnhöfe selbst als Einkaufszentren und Gewerbeimmobilien entwickeln und vermarkten oder als Immobilienfonds an Anleger verkaufen. Beide Pläne sind gescheitert, First Rail Property ist zahlungsunfähig. Am 15. August wurde der Rechtsanwalt Ottmar Hermann vom Amtsgericht Darmstadt als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.

Wie viel ist in der Schatulle?
Wie geht es mit den Bahnhofsgebäuden nun weiter? Bei First Rail hüllt man sich in Schweigen. "Keine Presseauskünfte", heißt es in der Zentrale. Auskunftsfreudiger ist der Insolvenzverwalter. "Die Bahnhöfe müssen nun für die Gläubiger -also die finanzierenden Banken- bewertet werden. Die Frage lautet:Wie viel ist überhaupt in der Schatulle drin?", beschreibt Pietro Nuvoloni, Pressesprecher des Insolvenzverwalters, die weitere Vorgehensweise. In spätestens einem halben Jahr müsse ein erster Bericht an das Insolvenzgericht geliefert werden. Das entscheide dann, ob ausreichend Masse für ein Insolvenzverfahren vorhanden sei. "In dieser Zeit wird es Gespräche mit möglichen Investoren geben - mit der Bahn, Kommunen oder Privatinvestoren", versichert Nuvoloni.

Stadt Oschatz winkt ab
Wer Interesse am Empfangsgebäude Oschatz zeigen könnte, ist bisher unklar. Fest steht nur, wer nicht anbeißen wird. "Das in Eigenregie zu übernehmen, würde unsere Finanzkraft übersteigen", sagt der Oschatzer Oberbürgermeister Andreas Kretschmar. Wie bisher werde die Stadt aber für das Gebäude die Verwertung und Planung unterstützen. Die bisherigen Pläne sehen eine gemischte Nutzung mit Spätverkaufsstelle, Fahrkartenschalter, Reisebüro und Friseur vor.
In diese Richtung denkt auch der Oschatzer Albert Pfeilsticker, der sein Kaufinteresse für die Immobilie bereits angemeldet hatte, bevor First Rail schließlich zum Zug gekommen war. "Für einen Euro würde ich den Bahnhof immer noch nehmen, ansonsten ist das nicht finanzierbar. Denn für eine Grundsanierung müssten etwa 250 000 Euro veranschlagt werden", schätzt er ein. Kostenlos darf der Insolvenzverwalter das Gebäude jedoch im Interesse der Gläubigerbanken nicht abgeben. "Da muss ein Konzept dahinter stehen -und Geld mitgebracht werden", nennt Pietro Nuvoloni die zwei Voraussetzungen für ein Verhandlungsgespräch.

Frank Hörügel


STANDPUNKT

Klötze am Bein

Von FRANK HÖRÜGEL

Die zweite Hiobsbotschaft für die Stadt Oschatz innerhalb weniger Tage: Nicht nur die Zukunft der Wartehalle auf dem Busbahnhof steht in den Sternen, auch für das Empfangsgebäude auf dem Bahnhof sieht es nach der Pleite des Eigentümers trübe aus. Bis zur Landesgartenschau im nächsten Frühjahr wird es wohl für beide Gebäude keine umfassende Frischkur geben. Das ist schade, denn diese Häuser sind Aushängeschilder für Oschatz und hinterlassen in ihrem jetzigen Zustand bei den Besuchern der Stadt einen schlechten Eindruck. Klar, dass sich die Stadt nicht auch noch diese beiden Klötze ans Bein binden kann. Die Verschuldung steigt im Zusammenhang mit der Gartenschau ohnehin in bedenkliche Höhen. Aber bis zum Frühjahr 2006 sollten zumindest provisorische Lösungen für die beiden Schandflecken gefunden werden, damit die Gartenschau-Besucher Oschatz in guter Erinnerung behalten.