Oschatz. Der Eigentümer des Empfangsgebäudes auf dem
Bahnhof - die First Rail Property GmbH - ist pleite. Die Zukunft der Immobilie steht damit in den
Sternen. Der vorläufige Insolvenzverwalter will das Gebäude vermarkten.
Das Bahnhofsgebäude in Oschatz ist eines von 1016 in Deutschland, das die First Rail Property GmbH
innerhalb eines Kaufpaketes von der Deutschen Bahn in mehreren Tranchen erworben hat (die OAZ
berichtete). Das Empfangsgebäude in Oschatz gehört First Rail seit 2002. Die Gesellschaft wollte
die Bahnhöfe selbst als Einkaufszentren und Gewerbeimmobilien entwickeln und vermarkten oder als
Immobilienfonds an Anleger verkaufen. Beide Pläne sind gescheitert, First Rail Property ist
zahlungsunfähig. Am 15. August wurde der Rechtsanwalt Ottmar Hermann vom Amtsgericht Darmstadt als
vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.
Wie viel ist in der Schatulle?
Wie geht es mit den Bahnhofsgebäuden nun weiter? Bei First Rail hüllt man sich in Schweigen.
"Keine Presseauskünfte", heißt es in der Zentrale. Auskunftsfreudiger ist der
Insolvenzverwalter. "Die Bahnhöfe müssen nun für die Gläubiger -also die finanzierenden
Banken- bewertet werden. Die Frage lautet:Wie viel ist überhaupt in der Schatulle drin?",
beschreibt Pietro Nuvoloni, Pressesprecher des Insolvenzverwalters, die weitere Vorgehensweise. In
spätestens einem halben Jahr müsse ein erster Bericht an das Insolvenzgericht geliefert werden.
Das entscheide dann, ob ausreichend Masse für ein Insolvenzverfahren vorhanden sei. "In dieser
Zeit wird es Gespräche mit möglichen Investoren geben - mit der Bahn, Kommunen oder
Privatinvestoren", versichert Nuvoloni.
Stadt Oschatz winkt ab
Wer Interesse am Empfangsgebäude Oschatz zeigen könnte, ist bisher unklar. Fest steht nur, wer
nicht anbeißen wird. "Das in Eigenregie zu übernehmen, würde unsere Finanzkraft
übersteigen", sagt der Oschatzer Oberbürgermeister Andreas Kretschmar. Wie bisher werde die
Stadt aber für das Gebäude die Verwertung und Planung unterstützen. Die bisherigen Pläne sehen
eine gemischte Nutzung mit Spätverkaufsstelle, Fahrkartenschalter, Reisebüro und Friseur vor.
In diese Richtung denkt auch der Oschatzer Albert Pfeilsticker, der sein Kaufinteresse für die
Immobilie bereits angemeldet hatte, bevor First Rail schließlich zum Zug gekommen war. "Für
einen Euro würde ich den Bahnhof immer noch nehmen, ansonsten ist das nicht finanzierbar. Denn für
eine Grundsanierung müssten etwa 250 000 Euro veranschlagt werden", schätzt er ein. Kostenlos
darf der Insolvenzverwalter das Gebäude jedoch im Interesse der Gläubigerbanken nicht abgeben.
"Da muss ein Konzept dahinter stehen -und Geld mitgebracht werden", nennt Pietro Nuvoloni
die zwei Voraussetzungen für ein Verhandlungsgespräch.
Frank Hörügel
STANDPUNKT
Klötze am Bein
Von FRANK HÖRÜGEL
Die zweite Hiobsbotschaft für die Stadt Oschatz innerhalb weniger
Tage: Nicht nur die Zukunft der Wartehalle auf dem Busbahnhof steht in den Sternen, auch für das
Empfangsgebäude auf dem Bahnhof sieht es nach der Pleite des Eigentümers trübe aus. Bis zur
Landesgartenschau im nächsten Frühjahr wird es wohl für beide Gebäude keine umfassende Frischkur
geben. Das ist schade, denn diese Häuser sind Aushängeschilder für Oschatz und hinterlassen in
ihrem jetzigen Zustand bei den Besuchern der Stadt einen schlechten Eindruck. Klar, dass sich die
Stadt nicht auch noch diese beiden Klötze ans Bein binden kann. Die Verschuldung steigt im
Zusammenhang mit der Gartenschau ohnehin in bedenkliche Höhen. Aber bis zum Frühjahr 2006
sollten zumindest provisorische Lösungen für die beiden Schandflecken gefunden werden, damit die
Gartenschau-Besucher Oschatz in guter Erinnerung behalten.