Beitrag aus der Oschatzer Allgemeinen Zeitung vom 12. Mai 2005

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Zum Insolvenzantrag bisher noch keine Entscheidung gefallen

Döllnitzbahn rollt die Zeit davon

Von FRANK HÖRÜGEL und HEINZ GROßNICK

Region Oschatz. Die Schreckensmeldungen zur Döllnitzbahn überschlagen sich, und gleichzeitig rollt dem Unternehmen die Zeit davon. Bis gestern stand immer noch nicht fest, wer nun Geschäftsführer ist. Der jetzige Chef Gerhard Curth will den Fahrbetrieb zumindest bis zum Monatsende aufrechterhalten. Was danach kommt, steht in den Sternen.

Curth beantragte gestern beim Amtsgericht in Leipzig Fristverlängerung bis zum Wochenende. Das Amtsgericht hatte ihn und Pfeilsticker zu Stellungnahmen aufgefordert, die bis vergangenen Freitag eingereicht werden sollten. "Herr Pfeilsticker hat sich noch nicht gemeldet", sagte gestern Pressesprecherin Claudia Eppelt-Knochenstirn. Die Frage sei, wer tatsächlich Geschäftsführer ist. "Es kommt drauf an, ob die richtige Person den Insolvenzantrag gestellt hat", betont sie. Falls Pfeilsticker nicht den notwendigen Nachweis erbringen könne, sei das Verfahren beendet.
"Für uns heißt es: Warten und um die Zukunft zittern. Die Nerven liegen blank", sagt Carsten Klug. Der Betriebsratsvorsitzende der Döllnitzbahngesellschaft leidet genau wie seine 16 Kollegen unter dem Streit um die Geschäftsführung des Unternehmens. Ihr Ziel: Die Kleinbahner wollen ihren Betrieb nicht den Bach runter gehen lassen.
An diesem Ziel hält auch der jetzige Geschäftsführer Gerhard Curth fest - trotzdem der Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) seit Monatsanfang kein Geld mehr für den Kleinbahnbetrieb überweist. "Das ist vertragswidrig. Der Kleinbahnbetrieb wird in irgendeiner Form weitergehen", sagte Curth gestern auf OAZ-Anfrage. Für eine Insolvenz des Unternehmens, wie sie der frisch bestellte Geschäftsführer Albert Pfeilsticker beim Amtsgericht Leipzig beantragt hat, sieht Curth derzeit keinen Grund. Brenzlig könnte es nach seiner Einschätzung erst ab Juni werden. Dann läuft der Vertrag mit dem ZVNL aus - wenn Curth nicht ein Betriebskonzept mit deutlich mehr Fahrgästen als bisher auf den Tisch legt. "Die geforderten 1000 Fahrgäste am Tag sind jedoch nicht möglich", räumt er ein.
Das weiß auch Albert Pfeilsticker, der mehrheitlich von den Döllnitzbahn-Gesellschaftern zum neuen Geschäftsführer bestellt wurde. An dieser Funktion hält er fest. "Es kommt nicht auf den Handelsregistereintrag an, sondern wer als Geschäftsführer bestellt ist -und das bin ich", sagte er. Nach Angaben von Pfeilsticker hat die Döllnitzbahn bei mehreren Gläubigern Schulden. Er schlussfolgert daraus: "Eine Insolvenz der Döllnitzbahn GmbH ist ohne Geld von Dritten nicht aufzuhalten -und diese Geldgeber sind nicht in Sicht."
"Für uns ist Herr Pfeilsticker Geschäftsführer. Die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH ist zwar nicht bereit, das anzuerkennen. Doch die Aussage zur Sperrminorität trifft nicht zu, weil sie nicht im Gesellschaftervertrag eingetragen ist", erklärte Gotthard Deuse, Vorsitzender des Zweckverbandes Döllnitzbahn.
"Ich kann nur hoffen und wünschen, dass es alle richtig machen, die Konzession nicht flöten geht und am Ende der Wilde Robert auf der Strecke bleibt", so Lutz Haschke, Vorsitzender des Fördervereins Wilder Robert. Für die Eisenbahner geht das Zittern weiter. Frühestens am Dienstag wird das Amtsgericht über den Insolvenzantrag entscheiden.


STANDPUNKT

Absurder Streit

Von FRANK HÖRÜGEL

So düster wie jetzt sah die Zukunft der Döllnitzbahn noch nie seit ihrer Inbetriebnahme 1994 aus. Der absurde Streit um die Geschäftsführung könnte dazu führen, dass die Signale für den Kleinbahnbetrieb auf Rot geschaltet werden müssen. Denn nach dem jetzigen Stand der Dinge wird die Auseinandersetzung auf gerichtlichem Weg geklärt werden. Und das kann erfahrungsgemäß dauern. So lange eine Gerichtsentscheidung aussteht, fließt kein Geld in den Erhalt der Bahnstrecke. Damit wird nicht zuletzt der Einsatz des Wilden Roberts als Attraktion der Landesgartenschau 2006 in Frage gestellt.
Die Hoffnungen ruhen jetzt einzig und allein auf dem Mehrheitsgesellschafter der Döllnitzbahn in Person des Landrates und der drei Bürgermeister der Anliegergemeinden. Nur sie könnten es in letzter Minute noch schaffen, den Streit außergerichtlich zu schlichten und damit der Döllnitzbahn eine Zukunft zu geben.