Von FRANK HÖRÜGEL
Oschatz. Die Bahn hat in der Nacht zu
heute erstmals deutlich mehr Güterzüge auf die Strecke Leipzig - Oschatz - Riesa
geschickt. Auf Forderungen nach Lärmschutz für die Anwohner reagiert das Unternehmen ablehnend.
Mit dem Inkrafttreten des Winterfahrplans lenkt die Bahn den bestehenden Nachtzugverkehr Leipzig - Torgau - Falkenberg - Cottbus
auf die Strecke Leipzig - Oschatz - Riesa um. "Aus technologischen
Gründen", erklärt Bahnsprecherin Karin Schwelgin die Änderung. Mit genauen Angaben, in
welchem Ausmaß sich der Nachtgüterverkehr erhöht, hält sich das Unternehmen zurück. Grund:
"Die Güterzüge gehören nicht nur der Bahn, es gibt 240
Schienenverkehrs-Transportunternehmen. Deshalb geben wir keine Fahrpläne nach außen",
so Schwelgin.
Der Oschatzer CDU-Stadtrat Albert Pfeilsticker befürchtet indes, dass "von den Güterzügen,
insbesondere bei solchen ohne Frachten, erhebliche Lärmemissionen ausgehen". Er fordert
deshalb den Oschatzer Oberbürgermeister Andreas Kretschmar auf, bei der Deutschen Bahn einen
verstärkten Lärmschutz einzufordern (OAZ berichtete). Ob Kretschmar dieser Forderung nachkommt,
ist noch unklar. Die Planungsabteilung des Rathauses müsse erst den Planfeststellungsbeschluss und
die ganzen Unterlagen studieren, teilte Pressesprecherin Anja Reißig mit.
Laut Bahnsprecherin Schwelgin ist das Unternehmen nicht verpflichtet, an bestehenden Strecken
zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen. "Wir brauchen keine Genehmigung für
zusätzliche Züge. Wenn man an der Bahn wohnt, muss man damit rechnen, dass auch Züge
fahren", meint sie. Schließlich könne nicht das gesamte Streckennetz in Deutschland -
immerhin 36 000 Kilometer - eingehaust werden.
Völlig abwegig sind Lärmschutzmaßnahmen an der Bahnstrecke in Oschatz dennoch nicht. Denn die
Bundesregierung hat 1999 ein freiwilliges Programm für Lärmschutz an bestehenden Strecken
beschlossen. Pro Jahr stehen dafür 52 Millionen Euro zur Verfügung. Experten schätzen
aber, dass für Schallschutzwände und -fenster sowie Wälle rund zwei Milliarden Euro benötigt
werden. "Ein Generationenprojekt", meint Thomas Altmann von der Railion Deutschland AG.
STANDPUNKT
Noch zu früh
Von FRANK HÖRÜGEL
In der Ruhe liegt die Kraft von Oschatz. Weit entfernt von großstädtischer
Hektik ticken hier die Uhren scheinbar etwas langsamer. Damit könnte es zumindest in den Nächten
vorbei sein. Denn die Bahn hat in der Nacht zu heute erstmals deutlich mehr Güterzüge auf der
Strecke Leipzig - Oschatz - Riesa eingesetzt. Kurzfristige Lärmschutzmaßnahmen
sind erst einmal nicht in Sicht, da das Unternehmen an bestehenden Strecken dazu nicht verpflichtet
ist. Für lautstarken Widerstand gegen den verstärkten Nachtgüterverkehr ist es allerdings noch zu
früh. Die Anwohner sollten stattdessen in den nächsten Wochen die Ohren offen halten, wie sehr die
nächtliche Lärmbelästigung tatsächlich ansteigt. Falls das tolerierbare Maß überschritten
wird; ist das Rathaus mit Oberbürgermeister Andreas Kretschmar an der Spitze im Zugzwang. Denn
Oschatz sollte seinen Trumpf nicht leichtfertig verspielen, dass die Kraft dieser Stadt in ihrer
Ruhe liegt.