Beitrag aus der Oschatzer Allgemeinen Zeitung vom 13. Dezember 2004

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Mit Winterfahrplan mehr Güterzüge auf Oschatzer Strecke

Auf Nachtruhe rollt Störung zu

Von FRANK HÖRÜGEL

Oschatz. Die Bahn hat in der Nacht zu heute erstmals deutlich mehr Güterzüge auf die Strecke Leipzig - Oschatz - Riesa geschickt. Auf Forderungen nach Lärmschutz für die Anwohner reagiert das Unternehmen ablehnend.
Mit dem Inkrafttreten des Winterfahrplans lenkt die Bahn den bestehenden Nachtzugverkehr Leipzig - Torgau - Falkenberg - Cottbus auf die Strecke Leipzig - Oschatz - Riesa um. "Aus technologischen Gründen", erklärt Bahnsprecherin Karin Schwelgin die Änderung. Mit genauen Angaben, in welchem Ausmaß sich der Nachtgüterverkehr erhöht, hält sich das Unternehmen zurück. Grund: "Die Güterzüge gehören nicht nur der Bahn, es gibt 240 Schienenverkehrs-Transportunternehmen. Deshalb geben wir keine Fahrpläne nach außen",  so Schwelgin.
Der Oschatzer CDU-Stadtrat Albert Pfeilsticker befürchtet indes, dass "von den Güterzügen, insbesondere bei solchen ohne Frachten, erhebliche Lärmemissionen ausgehen". Er fordert deshalb den Oschatzer Oberbürgermeister Andreas Kretschmar auf, bei der Deutschen Bahn einen verstärkten Lärmschutz einzufordern (OAZ berichtete). Ob Kretschmar dieser Forderung nachkommt, ist noch unklar. Die Planungsabteilung des Rathauses müsse erst den Planfeststellungsbeschluss und die ganzen Unterlagen studieren, teilte Pressesprecherin Anja Reißig mit.
Laut Bahnsprecherin Schwelgin ist das Unternehmen nicht verpflichtet, an bestehenden Strecken zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen. "Wir brauchen keine Genehmigung für zusätzliche Züge. Wenn man an der Bahn wohnt, muss man damit rechnen, dass auch Züge fahren", meint sie. Schließlich könne nicht das gesamte Streckennetz in Deutschland - immerhin 36 000 Kilometer - eingehaust werden.
Völlig abwegig sind Lärmschutzmaßnahmen an der Bahnstrecke in Oschatz dennoch nicht. Denn die Bundesregierung hat 1999 ein freiwilliges Programm für Lärmschutz an bestehenden Strecken beschlossen. Pro Jahr stehen dafür 52 Millionen Euro zur Verfügung. Experten schätzen aber, dass für Schallschutzwände und -fenster sowie Wälle rund zwei Milliarden Euro benötigt werden. "Ein Generationenprojekt", meint Thomas Altmann von der Railion Deutschland AG.


STANDPUNKT

Noch zu früh

Von FRANK HÖRÜGEL

In der Ruhe liegt die Kraft von Oschatz. Weit entfernt von großstädtischer Hektik ticken hier die Uhren scheinbar etwas langsamer. Damit könnte es zumindest in den Nächten vorbei sein. Denn die Bahn hat in der Nacht zu heute erstmals deutlich mehr Güterzüge auf der Strecke Leipzig - Oschatz - Riesa eingesetzt. Kurzfristige Lärmschutzmaßnahmen sind erst einmal nicht in Sicht, da das Unternehmen an bestehenden Strecken dazu nicht verpflichtet ist. Für lautstarken Widerstand gegen den verstärkten Nachtgüterverkehr ist es allerdings noch zu früh. Die Anwohner sollten stattdessen in den nächsten Wochen die Ohren offen halten, wie sehr die nächtliche Lärmbelästigung tatsächlich ansteigt. Falls das tolerierbare Maß überschritten wird; ist das Rathaus mit Oberbürgermeister Andreas Kretschmar an der Spitze im Zugzwang. Denn Oschatz sollte seinen Trumpf nicht leichtfertig verspielen, dass die Kraft dieser Stadt in ihrer Ruhe liegt.