Beitrag aus der Oschatzer Allgemeinen Zeitung vom 16. Dezember 2003
Landrat
macht Dampf für Döllnitzbahn
Region Oschatz. Wie lange rollt die Döllnitzbahn noch? Nach
dem Beschluss des Zweckverbands Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL), den "Wilden
Robert" nur noch bis 2006 zu finanzieren (OAZ berichtete), ist die Zukunft
auf schmalen Gleisen ungewiss. Doch Landrat Robert Schöpp, der auch
ZVNL-Vorsitzender ist, hat die kleine Bahn noch nicht abgeschrieben. "Ich
rechne der Döllnitzbahn Zukunftschancen aus, wenn sie ihre Fahrgastzahlen
steigern kann", sagt er.
Laut Schöpp rollen heute zwischen 330 und 350 Fahrgästen täglich auf den Gleisen der Schmalspurbahn. Nach den Zielvorgaben des ZVNL soll diese Zahl bis 2006 auf mindestens 500 steigen. Der Verbandsvorsitzende hofft dabei auf eine verstärkte Resonanz der Fahrgäste aus der Region auf die Angebote der Kleinbahn und eine bessere touristische Vermarktung. "Mein Ziel ist es, die Bahn nicht nur bis zur Landesgartenschau, sondern darüber hinaus zu erhalten", sagt Schöpp.
Ein Anspruch, mit dem er bei Döllnitzbahn-Geschäftsführer Gerhard J. Curth offene Türen einrennt. "Für die große Bahn wird das Geld rausgeschmissen -und bei uns wird gekürzt", schimpft Curth. Er rechnet damit, dass ab Mai nächsten Jahres mehr Passagiere in den Waggons sitzen. Denn mit dem Beitritt des Kreises Torgau-Oschatz zum Mitteldeutschen Verkehrsverbund können die Fahrgäste dann mit einem Einheitsticket im Verbandsgebiet reisen. Curth hofft auf eine deutliche Belebung des Stadtverkehrs in Oschatz. Und er sagt kämpferisch: "Ob für die Döllnitzbahn das Aus kommt, das bestimmen wir selbst." Falls der ZVNL nach 2006 den Vertrag mit der Döllnitzbahn nicht verlängere, so Curth, "dann werden wir andere Wege suchen."
"Wir
müssen alle Strecken radikal auf den Prüfstand stellen", wehrt sich
ZVNL-Geschäftsführer Andreas Glowienka gegen den Vorwurf der
Ungleichbehandlung. Fest stehe jedoch, dass der Freistaat Sachsen im nächsten
Jahr weniger Zuschüsse zahle und ab 2007 auch weniger Bundesmittel zur Verfügung
stehen würden. Glowienka: "Wie es danach weiter geht, kann heute keiner
sagen." Zum heutigen Zeitpunkt könne lediglich versichert werden, dass der
Döllnitzbahn-Verkehr bis einschließlich der Landesgartenschau abgesichert
werde.
Frank
Hörügel
Meine
Meinung Rückenwind
erforderlich Von
FRANK HÖRÜGEL
Eine
Meldung, die Heimatpatrioten rund um Oschatz erschauern lässt: Für ihr
rollendes Identifikations-Symbol "Wilder Robert" sieht die Zukunft
nach der Landesgartenschau 2006 in Oschatz alles andere als rosig aus. Woher
danach das Geld kommen soll, mit dem der "Wilde Robert""
gefüttert werden muss, steht heute in den Sternen. Deshalb müssen auch die
Pläne zum Kauf eines millionenschweren Triebwagens für die Gäste der
Gartenschau noch einmal gründlich überdacht werden.
Schön, dass sich Politiker wie Landrat Schöpp jetzt symbolisch vor die
Schmalspurbahn stellen. Doch die Demonstration guten Willens allein reicht
nicht: Zum Überleben braucht die kleine Bahn vor allem mehr Fahrgäste. Und die
müssen zu einem großen Teil aus der Region kommen. Wer als Heimatpatriot
ernsthaft am Überleben der Schmalspurbahn interessiert ist, sollte deshalb
öfter den Auto-Sitz mit der Waggon-Bank tauschen. Das verschafft dem"
Wilden Robert"" mehr Rückenwind als gute Worte.