Beitrag aus der Oschatzer Allgemeinen Zeitung vom 26. März 2003
Deutsche Bahn lässt frühere Militärstrecke abbauen
Oschatz/Strehla. Die ehemaligen Militärgleise zwischen Strehla und Oschatz werden derzeit im Auftrag der Deutschen Bahn AG zurückgebaut. Peter Saib lockert hier die Schienenstränge mit einer Oberbau-Schraubmaschine. Insgesamt müssen 7,5 Kilometer Gleise entfernt werden. Seite 11
Auf der Strecke Strehla-Oschatz werden die Gleise demontiert
Militärbahn auf dem Rückzug
Oschatz / StrehIa. Bereits vor 15 Jahren musste das Militär-Gleis zwischen Oschatz und Strehla in Deckung gehen. Nun befiehlt die Deutsche Bahn AG den vollständigen Rückzug. Seit Anfang dieser Woche bauen acht Mitarbeiter der DB Netz AG die Gleise zurück. Eventuell könnte auf dem Bahndamm künftig ein Radweg die beiden Städte verbinden.
Peter
Saib lockert mit der Oberbau-Schraubmaschine die Muttern, mit denen die Gleise
an den Betonschwellen befestigt sind. Anschließend packt ein Bagger die 3,50
Meter langen Stahlstränge und schichtet sie neben der Strecke auf. "Wir
schaffen 150 Meter am Tag, wenn die Technik mitspielt", sagt Werner
Schleuder, der den Gleisrückbau leitet. Wie lange er und seine sieben Kollegen
brauchen, kann er heute noch nicht sagen. Fakt ist nur, dass insgesamt 7,5
Kilometer Schienen und Schwellen abgebaut werden sollen. Ein Vorhaben, das von
etlichen Problemen begleitet wird. So müssen zum Beispiel die Gleise mit
Schneidbrennern zerschnitten werden. Da es in den vergangenen Tagen nicht
geregnet hat, besteht Brandgefahr. "Deshalb schneiden wir nur in den
Morgenstunden, wenn es noch feucht ist", sagt Schleuder.
Derzeit sind die Gleisbauarbeiter in der Nähe des Dorfes Zaußwitz tätig.
Abschnittsweise arbeiten sie dort, wo die tonnenschwere Last günstig über
Straßen oder Feldwege abtransportiert werden kann. "Hier liegen rund 12
000 Schwellen", hat Schleuder ausgerechnet.
Gelegt wurden die Gleise mit Normalspur für Militärtransporte bis zum Jahr
1987. Dann war die Strecke fertig gestellt. Militärwaggons ratterten jedoch nie
über die Gleise, die zuletzt nur noch zum Abstellen defekter Waggons genutzt
wurden. Seit mehreren Jahren gammeln die Gleise nun ungenutzt dahin. Die
Schwellen sollen laut Werner Schleuder wieder an anderer Stelle eingebaut
werden, die Schienen landen auf dem Schrott.
An der Rückbauaktion der Bahn entzünden sich nun die Fantasien von
Kommunalpolitikern. So existiert im Oschatzer Rathaus schon seit längerem die
Idee einer Radverbindung zwischen Oschatz und Strehla. lmmer wieder wurde die
Nutzung des Bahndammes dafür ins Gespräch gebracht. Wie Planungsamtsleiter
Michael Voigt zur jüngsten Ratssitzung informierte, wäre das auch auf
Teilabschnitten der Strecke sinnvoll. So kann er sich Radfahrer ab Schmorkau und
auf dem Abschnitt zwischen Zaußwitz und Strehla vorstellen. Den gesamten
Bahndamm für die "Pedalritter" herzurichten, hält er dagegen für zu
aufwändig. Denn teilweise existieren bereits Radwege. Zu dem befinden sich
Grundstücke, auf denen der Bahndamm gebaut wurde, in den Händen verschiedener
Eigentümer. Wie der Planungsamtsleiter versicherte, soll es nun schnell
Absprachen zwischen Oschatz und Strehla geben, ob ein gemeinsamer Radweg
möglich wäre.
F. Hörügel
Meine Meinung
Preiswerter als ein Neubau
Von FRANK HÖRÜGEL
Dieser Anblick hätte den Militärstrategen der DDR eiskalte Schauer den Rücken hinunter gejagt. Seit Anfang der Woche fallen die Gleise der Militärbahn zwischen Oschatz und Strehla dem Schneidbrenner zum Opfer. Hier war in den letzten DDR-Jahren eine gigantische Fehlinvestition entstanden, die spätestens mit der friedlichen Wende ihre Daseinsberechtigung verloren hat. Die könnte die Strecke nun wieder gewinnen - als Radweg, der die beiden Städte umweltfreundlich miteinander verbindet. Bis dahin sind zwar noch etliche Hürden zu nehmen, doch zumindest von Oschatzer Seite ist der Wille erkennbar. Wird man sich mit den Strehlaer Stadtvätern einig, dann könnte daraus ein Gemeinschaftsprojekt entstehen, das preiswerter als der Neubau eines Radweges zu verwirklichen ist. Hier schon mal eine Vision, für die sich der Einsatz lohnt: Auf dem Damm der ehemaligen Militärbahn radeln sich Oschatzer und Strehlaer friedlich entgegen und begraben damit die unrühmliche Vergangenheit dieser Strecke endgültig.